„Heilige Stätte“ wird anerkannter Begriff
Sept 2003
Der World Wildlife Fund (WWF) und die Alliance of Religions and Conservation (ARC) haben ein Programm gestartet, das Sacred Site (heilige Stätte) zu einem international anerkannten Terminus machen wird. Dies soll zusätzlichen Schutz schaffen für die ökologisch wichtigen (aber oft in ihrer Existenz bedrohten) geweihten Orte der Welt: Berge, Wälder, Flüsse und Pilgerwege.
Einen Ort oder ein Gebiet als heilig (= unantastbar) zu erklären, ist die älteste Methode des Lebensraumschutzes auf unserem Planeten. Dennoch sind diese kulturellen und biologischen Schätze bedroht – wie auch ihre berufenen Hüter, die in der Erfüllung ihrer Aufgaben Jahrtausende alten Traditionen folgen. Rund um die Erde gibt es immer noch Tausende heiliger Stätten. Viele sind sorgsam behütete Orte, an denen indigene Gemeinschaften Zeremonien ausführen und beten, andere sind international bekannte Pilgerstätten, die von Millionen Menschen besucht werden.
Das Konzept eines heiligen Platzes ist etwas, zu dem Eingeborene in aller Welt eine tiefe Beziehung haben. Nur in Europa ging diese alte ökologische Weisheit verloren, als christliche Missionare ab dem 4. Jahrhundert begannen, die natürlichen heiligen Stätten in Europa und dem Nahen Osten zu zerstören. Dies war ein Todesurteil für die uralte dem Menschen innewohnende Ökologie, denn so endete die lebendige Beziehung, die die Menschen zu dem Land hatten, auf dem sie lebten, und ersetzte sie durch die Vorstellung, dass die (jetzt entweihte) Erde ein „Jammertal“ sei, das misshandelt und ausgebeutet werden kann. Der weitere Verlauf findet sich in den Geschichtsbüchern – und in der Diskussion um globale Erwärmung.
Es scheint, dass die Menschheit, um nachhaltig und nicht mehr selbstzerstörerisch zu leben, ein Gewahrsein des Heiligen braucht.
Worte haben Macht. Der Begriff „heiliges Land“ lässt uns innehalten und nachdenken. Wir werden gewahr, dass die Erde und ihre vielen Gaben, die unser Leben erhalten, nicht einfach als selbstverständlich zu nehmen sind. Er erinnert uns daran, dass alle Kulturen Bräuche und Zeremonien haben, um der Erde Dank zu sagen und um Achtung und Freude auszudrücken. Überall bedeutete der Begriff „heilig“ schon immer, dass der so bezeichnete Hain oder Berg oder Fluss dem Geist oder Gott geweiht und tabu war für Entwicklungsprojekte und Ausbeutung jeglicher Art.
Diesen Begriff in die internationale Diskussion einzubringen, seine gesellschaftliche Akzeptanz wieder herzustellen (in christlichen Ländern) und ihn als juristischen Begriff zu verankern, ist ein wichtiger Schritt zum Erhalt unzähliger Ökotope und der menschlichen Gemeinschaften, die sie seit alters her zu behüten versuchen.
Darüber hinaus ist es für die reichen Länder (den „Weißen Mann“) längst überfällig, die andersartige Weltsicht traditioneller Gemeinschaften und Stammesvölker zu respektieren.
Quelle: ARC’s Sacred Land Project (englisch)
Siehe auch Word Tree News:
Schutz heiliger natürlicher Stätten weltweit
Erfassung heiliger Stätten als Schutzmaßnahme