FRED HAGENEDERS PORTAL ZUR BEDEUTUNG DER BÄUME IN KULTUR UND BEWUSSTSEIN

uralte Eibe Borrowdale April 2004 © Fred Hageneder
Die uralte Eibe von Borrowdale, April 2004 © Fred Hageneder

Die Eibe und Irrtümer in der Religionsforschnung

Interview mit Fred Hageneder im Buchhandelsmagazin Sichtung, Juli 2007

 

Im Herbst erscheint bei Neue Erde ein neues Buch des Baumkundlers Fred Hageneder, der schon mit Der Geist der Bäume ein echtes Grundlagenwerk geschaffen hat. Die Eibe in neuem Licht hat ebenfalls das Zeug dazu. Christiane Schöniger hat mit dem Musiker und Autor gesprochen.

Sichtung: Ihr neues Buch Die Eibe in neuem Licht betrachtet sehr umfassend viele Bereiche des menschlichen Lebens, von Musikinstrumenten über Gartengestaltung bis zu Religion und Heiligen Hainen. Wen möchten Sie mit Ihrem Buch ansprechen, wo liegen die Schwerpunkte?

Fred Hageneder: Abgesehen von einer ausführlichen – und voller Überraschungen steckenden – Einführung in die Botanik dieses Baumes liegt der Schwerpunkt zweifellos im Bereich Spiritualität und alte Religionen. Was jedoch so selten unter Büchern ist, ist, dass die Esoterik nicht losgelöst und abgegrenzt von den anderen menschlichen Lebensbereichen dargestellt wird, sondern als ein gleichberechtigter Teil von ihnen, eingebunden in die Lebensganzheit von Mensch und Baum. Zu dieser Ganzheit gehören auch Kriegsgeräte, Gartenschauen und Brückenbau, wobei aber gerade im Falle der Eibe die wiederkehrenden Themen doch immer religiöser Art sind, die großen Lebensfragen der Menschheit: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was erwartet mich nach dem Tode?


Angesprochen werden alle, die sich für Bäume interessieren, egal unter welchem Gesichtspunkt. Aber diejenigen, die sich für Kulturgeschichte im allgemeinen oder Religion im besonderen interessieren, kommen genauso auf ihre Kosten. Dazu enthält das Buch sehr viele außergewöhnliche und seltene Fotos und Abbildungen – von Bäumen, Göttern und (Kult-)Gegenständen.

Sichtung: Was sind die Grundlagen Ihrer Forschung. Warum sehen Sie ausgerechnet in der Eibe, die vielen Menschen so düster erscheint, den Lebensbaum schlechthin?

Fred Hageneder: Ich kenne inzwischen wohl so ziemlich jedes Buch, das seit Mitte des 19. Jahrhunderts über die mythologische und religiöse Seite von Bäumen geschrieben wurde. Meine vorigen Bücher Der Geist der Bäume und Weisheit der Bäume sind quasi eine Zusammenfassung dieses Grundstocks an westlichem Wissen zum Thema. In Die Eibe in neuem Licht gehe ich nun einen wesentlichen Schritt weiter. Ich durchforstete Arbeiten der allgemeinen Archäologie, Geschichte, Mythologie usw. und suchte das Übersehene; und da kam so einiges zusammen! 


Zwei Beispiele: Die Museen Europas sind voll von antiken Fundstücken, die eindeutig Nadelzweige auf Kultgegenständen zeigen, aber weil laut Neuem Testament die Bewohner Jerusalems beim Einzug Jesu mit Palmenwedeln wedelten, glaubten die christlichen Anthropologen des 19. Jahrhunderts, dass alles, was nur entfernt so aussieht, zweifellos einen Palmenzweig darstelle. Und dabei blieb es dann bis heute. (Noch schwerwiegender sind die sprachlichen Verwirrungen: Bereits die Römer übersetzten so einiges falsch, was sie an griechischer Religion aufschnappten. Aus vielen historisch bezeugten »heiligen Bäumen« im alten Griechenland wurden so »heilige Eichen«, und genauso erging es den verschiedenen heiligen Bäumen der Bibel: auch sie wurden »einge-eicht«.)


Wenn man all dies gründlich aufräumt, kommt vieles ans Licht, was teilweise seit über 2.000 Jahren verschüttet war. Dazu kommen neue Erkenntnisse und auch neue archäologische Funde. Schließlich ergibt sich nicht weniger als eine wirkliche Beweislage für die Eibe als ursprünglichem Weltenbaum. Das hat nichts mit meinen persönlichen Ansichten zu tun. Das einzige, was ich außer der vielen Fleißarbeit dazu beisteuern konnte, war die Beobachtung, dass sich die geographische Verbreitung der alten Kulturen, die vom Welten- und Lebensbaum sprachen, genau mit dem natürlichen Verbreitungsgebiet der Eibe deckt.


Es gibt nicht viele Baumarten, die in Skandinavien, Irland, der Türkei, Indien und Japan gleichzeitig vertreten sind, und nur eine einzige Art, die dabei den »Steckbrief« des Lebensbaumes erfüllt.

Sichtung: Sie versprechen selbst dem belesenen Esoteriker neue Erkenntnisse. Worin bestehen diese?

Fred Hageneder: Bleiben wir im Norden. Es gab nie eine „Welten-Esche“, das wurde erst in die Edda-Übersetzungen hineingelesen, als man die Kenningar der isländischen Skalden nicht mehr verstand: askr heißt zwar auch Esche, bezeichnete ansonsten aber eine hölzerne Schale, und erscheint im Zusammenhang mit Yggdrasil nur dann, wenn vom Auffangen göttlicher Flüssigkeit die Rede ist. Außerdem wird die Eibe in der 2. Strophe der Völuspa namentlich genannt, jedenfalls im Original, aber nicht in den schlechten Übersetzungen. Es gäbe noch einiges mehr zu sagen zur germanischen Überlieferung.


Außerdem wird in Die Eibe in neuem Licht aufgezeigt, wie uralt viele dieser Motive wirklich sind. Themen der Edda oder aus keltischer Überlieferung finden sich bei den alten Hethitern oder gar den Früh-Sumerern, 3000, bzw. über 5000 Jahre, bevor die Edda überhaupt aufgeschrieben wurde! Die Spuren führen bis in die Mittlere Steinzeit. Und das Schöne dabei ist: Man sieht auch die Gemeinsamkeit unserer Wurzeln: Deutsche, Iren, Türken oder Japaner – wir sind eben alle Kinder des Lebensbaumes.

Sichtung: Würden Sie Ihre Arbeit mehr als esoterisch oder mehr als wissenschaftlich bezeichnen?

Fred Hageneder: In einem holistischen Forschungsansatz zur Religionsgeschichte kann man das nicht trennen.


Man muss immer seine Quellen hinterfragen und ihnen niemals blind glauben. Auch als Privatperson sollte man jede Information mit mindestens einer zweiten Quelle prüfen. Gerade in der Esoterik herrscht heute sehr viel blinder Glauben, und Scharen falscher Propheten nutzen das aus. Jemand behauptet, die Engel oder Außerirdische hätten ihm etwas gesagt, und schon muss es ja wahr sein! So geht das nicht! Wenn wir alte Religionen wirklich erkennen und darin Inspirationen für unsere Gegenwart und Zukunft finden wollen, müssen wir sehr kritisch sein und geflissentlich die Spreu vom Weizen trennen.

Sichtung: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Fred Hageneder: Nun, nach dieser Reise durch die Jahrtausende – und dem Verweilen unter den ältesten Bäumen Europas – muss ich nun erstmal wieder in der Gegenwart ankommen! Im Herbst geht es dann auf eine Eiben-Vortragsreise im deutschsprachigen Raum, auch aus England habe ich viele Anfragen, sogar von Kew Gardens und ähnlichen Organisationen. Bücher? Mittelfristig nicht auszuschließen. Aber erstmal steht meine Musik wieder ganz oben auf dem Programm!

Sichtung: Vielleicht eine Meditations-CD zum Weltenbaum?

Fred Hageneder grinst: Woher wissen Sie das denn?

Sichtung: Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Hageneder, und wünsche weiterhin tiefe Einblicke in das Wesen der Bäume!

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