“Operation Eibenbaum”
Feb 2013
Nach dem Tod des britischen TV-Moderators Jimmy Savile im Oktober 2011 trauten sich Hunderte von Vergewaltigungsopfern endlich, Anklage zu erheben. Als klar wurde, dass die Londoner Polizei (Metropolitan Police = MET) auf ein riesiges Netz von Kinderschändern gestoßen wurde – es gab 450 Anklagen gegen Savile allein, sowie 149 weitere gegen andere Figuren der britischen Unterhaltungsindustrie der 1960er und 70er Jahre –, brauchte die Untersuchung einen Namen.
Am 9. Oktober 2012 gab die MET bekannt, dass die Ermittlungen den Namen „Operation Yewtree“, „Operation Eibenbaum“, erhalten würden.
Die BBC berichtet, dass „Eibenbaum“ von einer Liste aus Namen gewählt worden war, die neutral sein und nichts mit dem vorliegenden Fall zu tun haben sollten: „Solche Namen kommen von einer autorisierten Liste, die im Vorfeld zusammengestellt wurde. Es können alle möglichen Wörter vorkommen, von exotischen Vögeln bis zu Städtchen an der Südküste.… Das Ziel ist, Namen auszusuchen, die völlig neutral sind und hoffentlich nichts mit dem Fall zu tun haben. Das System entstand in den 1980ern.“
Aber warum dann nicht eine weitere Operation Crevice, Barkertown, Caprock oder Operation Seagram?! Wie könnte der Name der einzigen Nadelbaumart, die im Süden der britischen Insel heimisch ist (ausgenommen den äußerst seltenen Wacholder), neutral sein? Insbesondere wenn 80 % der ältesten Eiben Europas in Britannien stehen – dem einzigen Land, in dem sie keinerlei gesetzlichen Schutz genießen? Baumrechtler arbeiten seit Jahren daran, Eibenbewusstsein und -sympathie in der Öffentlichkeit zu erhöhen.
Zugegeben, Operation Yewtree mag zwar eine gewisse Aufmerksamkeit auf diese einzigartige Baumart lenken, aber um die Sympathie ist es dabei schlecht bestellt. Oder was soll dabei herauskommen, wenn man eine Baumart durch die Gewalt der großen Medien mit Kinderschändung assoziiert? Drei Monate nach dieser Namensgebung finden sich bereits Blogs im Internet, die von der giftigen Eibe sprechen und davon, dass sie „komplex, verwoben und verdreht (twisted, bedeutet auch pervers)“ ist. Verdreht wie Perverse?
Wollen wir jedesmal „Kinderschändung“ filtern müssen, wenn wir nach Eibe googeln?! Und da die Eibe in Britannien ein beliebter Kirchen- und Friedhofsbaum ist: Hat sich niemand in der MET darüber Gedanken gemacht, dass die Kirche auch in Mitleidenschaft gezogen werden könnte?
Aber es ist nicht zu spät! Ein anderer politischer Unfall bei der Namensgebung erfolgte ein Jahr zuvor in der USA, als das Kommando zur Tötung Osama bin Ladens den Codenamen Geronimo erhielt, jenes hoch geachteten Führers des Widerstands der Apachen im 19. Jahrhundert. Nachdem Obama diesen Namen im Mai 2011 an das Licht der Weltöffentlichkeit gebracht hatte, wurde er von den Häuptlingen verschiedener Indianerstämme gedrängt, den militärischen Codenamen nachträglich zu ändern. Das Kommando geht nun in die Geschichtsbücher ein als Operation Neptune Spear.
Quellen:
Wikipedia: Operation Yewtree
‘How do police operations get their names?’, BBC News, 25 March 2008